Stegebau, ein Arbeitsplatz direkt am Wasser mit toller Aussicht und der Badehose als Arbeitskleidung? Zimmerermeister Florian Brennauer lacht: „Das mit der Aussicht stimmt natürlich und im Wasser arbeiten wir auch, allerdings meistens im Winter und oft bei eisigen 5 Grad Wassertemperatur. Im Sommer wollen die Leute schließlich ihre Stege und Bootshäuser selbst nutzen, also finden Reparaturen meistens im Winter statt – in Anglerhose oder dickem Neopren statt braungebrannt in Badeshorts.“ Trotzdem liebt der Inhaber der Zimmerei Brennauer seinen Job: „Ich arbeite einfach wahnsinnig gerne mit Holz und der Blick übers Wasser ist unvergleichlich.“ Rund 25 Jahre hält so ein dicker Pfahl im Wasser. Der Wasserqualität zuliebe darf das Holz nicht behandelt werden, da braucht es widerstandsfähige Sorten. In 80% der Fälle wird Lärche verwendet, seltener Eiche oder Bongossi.
Kerzengerade und bombenfest - Auf die richtigen Pfähle kommt’s an
Jeder einzelne Stegbau ist für die Zimmerer eine echte Überraschung, da man nie weiß wie der Untergrund beschaffen ist. Schlamm ist Brennauer dabei deutlich lieber als Kies, da hält der Pfahl besser, harte Bodenschichten können alles zunichtemachen. „Wenn wir nicht weiterkommen, muss der Pfahl halt komplett wieder raus und neu gesetzt werden, das passiert schon mal“. Daher sind die Kosten oft nicht kalkulierbar, da muss man flexibel sein. Ohnehin ist so ein Stegbau nicht einfach: Die Seen gehören dem Freistaat Bayern, die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung ist damit für die Genehmigungen von sogenanntem „überbauten Seegrund“ zuständig. Form und Quadratmeterzahl müssen vom Eigentümer eingereicht werden, er oder sie pachten dann die Seefläche vom Freistaat. Inzwischen wird zentimetergenau nachgemessen und kontrolliert, neue Stege werden in der Regel sowieso nicht mehr genehmigt, meist geht es um Reparaturen und Umbauten. Die heutige Erneuerung eines Venezianerpfahls an der Tutzinger Brahmspromenade klappt völlig reibungslos. Zu Beginn muss der alte Pfahl weichen. Mit Kettensäge, Seil- und Kettenwinde ziehen die Zimmerer diesen - Meter für Meter - aus dem Grund. An selber Stelle wird nun der, in weiß blauen Ringen gestrichene, neue Pfahl seinen Platz finden. Mit der sogenannten „Ramme“ wird der Pfahl zentimetergenau in den Boden des Sees geschlagen. Die Arbeit scheint den Zimmerern leicht von der Hand zu gehen. Zu staunen gibt es dennoch allerhand für die Besucher. Florian Brennauer erklärt jeden Arbeitsschritt und beantwortet gern die Fragen von Zuschauern und Presse. Heut ist es ein herrlicher Tag am See - blauer Himmel und viel Sonnenschein - doch das ist nicht immer so. Die Arbeiten müssen das ganze Jahr, auch bei Kälte, Wind und Regen erledigt werden.
Traumjob trotz Wind und Wetter
Und was ist die größte Schwierigkeit in dem Job? „Wenn nicht Wetter und Wellen einem zu schaffen machen, dann ist es meistens der Transport von Material und Geräten,“ erklärt Brennauer, „Villenbesitzer sind in der Regel nicht begeistert, wenn wir quer über deren Rasen zur Baustelle fahren, da müssen wir dann alles auf dem Wasserweg transportieren.“ Aber auch das ist kein Problem: sage und schreibe 80qm misst das Arbeitsfloß der Zimmerei, das ist die Größe einer 3-4 Zimmerwohnung – genug Platz also, um eine ganze Werkstatt mitzunehmen. Die Höhe, die ein Pfahl vom Grund bis zur Spitze misst, entspricht in etwa der Länge, die selbiger im Boden steckt. Der heutige Pfahl misst gesamt 12 m. Nur so ist das Ganze statisch wirklich astrein. Die meiste Arbeit der Stegbauer liegt also unter Wasser und ist damit unsichtbar. Es ist eine einmalige Sache, zuzusehen wie ein Venezianerpfahl an der Tutzinger Brahmspromenade ausgetauscht wird! Denn der Pfahl ist bereits seit 25 Jahren an Ort und Stelle. Heute wurde er durch einen neuen Ersetzt. Sehr anmutend wie wir finden – wie er da nun steht, mit seiner gold-gelben „Krone“. Warum ausgerechnet venezianische Pfähle die Tutzinger Stege und Bootshäuser zieren, scheint ein Rätsel zu sein. Warum das so ist und warum die Pfähle nirgends außer in Tutzing zu finden sind – das Geheimnis lüften wir in der nächsten Ausgabe der WASSERZEITschrift.